Gemeinsam fasten jeuner

Eine christliche Erfahrung des Fastens

Ich wurde von der Hizmet Bewegung, eingeladen, meine Erfahrungen mit dem Fasten bei einem Treffen während des Monats Ramadan zu teilen. Ich habe mit großer Freude auf diese Bitte reagiert. Hier sind meine Überlegungen!

Tatsächlich hatte das Fasten in der evangelischen Kirche (deren Pfarrer ich bin) allmählich seine Bedeutung verloren.

Aber wir haben dies in letzter Zeit wieder neu entdeckt, insbesondere durch die Erfahrung des « Langzeitfastens« , das seit etwa zwanzig Jahren praktiziert wird.

Ich selbst begann diese Erfahrung im Jahr 2000 im Rahmen einer Gruppe, für die ich der geistige Begleiter bin.

 

Die Erfahrung einer Gruppe

Worum handelt es sich? Diese Gruppen – in der Westschweiz gibt es derzeit davon etwa fünfzig – treffen sich in der Zeit vor Ostern (oder in der Fastenzeit, die 40 Tage dauert). Sie bestehen aus 10 bis 20 Personen, oft aus verschiedenen Kirchen (vor allem aus der Katholischen und der Reformierten Kirche).

Diese Gruppen finden im Rahmen der Aktionen der Kirchen vor Ostern statt (Aktion: Brot für alle (ein evangelisches Hilfswerk) und das Fastenopfer (ein katholisches Hilfswerk).  Manchmal nehmen diese Gruppen auch Menschen auf, die keine religiösen Wurzeln haben, aber daran interessiert sind, das Fasten im Rahmen einer Gruppe zu erleben.

 

Was ist der Ansatz der Gruppe?

Es ist ein Prozess, der sich über drei Wochen erstreckt.

Die erste Woche ist eine Vorbereitung auf das Fasten, während der wir schrittweise unsere Nahrung reduzieren, beginnend mit Erregern (Kaffee, Tee), Alkohol, Fleisch… Dann, nach und nach, kommen wir zum ersten Fastentag indem wir eine  Frucht essen, dies als letzte Mahlzeit.

Die zweite Woche ist die Woche des totalen Fastens. Es wird nichts Solides gegessen, sondern wir trinken nur Kräutertee, ein Glas Orangensaft und Brühe (die Mineralsalze erzeugen).

Am siebten Tag essen wir einen Apfel, um das vollständige Fasten zu beenden.

Dann, in der dritten Woche, kommen wir aus dem Fasten heraus, indem wir uns nach und nach wieder ernähren.

Wir betonen, wie wichtig es ist, viel Flüssigkeit zu trinken und jeden Tag einen langen Spaziergang zu machen. Es ist durchaus möglich, diese Woche zu leben und dabei wie gewohnt unserer Arbeit nachzugehen, aber ohne uns zu überlasten.

 

Unterstützen der Gruppe

Jeden Abend trifft sich die Gruppe während eine Stunde. In den beiden letzten Jahren  haben wir wegen der Corona-Pandemie Videokonferenzen eingesetzt.

Diese Stunde ist wichtig, weil sie uns erlaubt, das, was wir erleben, einander mitzuteilen. Besonders wenn es die erste Erfahrung mit dem Fasten ist, gibt es auch neue Empfindungen.

Eine ausgebildete Diätassistentin oder Krankenschwester begleitet uns, um Fragen zum Körper zu beantworten. Dieser Rahmen gibt den Teilnehmern eine Sicherheit.

Ich würde sagen, dass die Unterstützung durch die Gruppe wesentlich ist. Ohne sie wäre ich nicht in der Lage gewesen, so zu fasten, wie ich es in den letzten 20 Jahren jedes Jahr getan habe.

 

Die Gemeinschaftsdimension

Unser Fasten ist gemeinschaftlich. Wir werden sensibler für die Art und Weise, wie wir miteinander leben. In unserer Gruppe erfahren wir die Qualitäten des Willkommens, der Anerkennung des Anderen und des Nicht-Urteilens. Was in der Gruppe gesagt wird, bleibt in der Gruppe und wird nicht weitergesagt.

Dieser Ansatz schafft starke Verbindungen zwischen uns. Diejenigen, die es bereits erlebt haben, können dies bezeugen: Eine geistige Freundschaft beginnt uns zu verbinden, zu vereinen.

Die Gemeinschaftsdimension führt auch zur Solidarität mit den Bedürftigen. Während jeder Fastenwoche unterstützen wir mit dem ersparten Geld durch Lebensmittel ein Hilfsprojekt. Pro Teilnehmer werden durchschnittlich 150 Fr. gespendet.

 

Die spirituelle Dimension

Das Fasten gibt uns mehr Zeit und Energie, um unser geistliches Leben zu vertiefen. Wir sind sensibler auf die innere Stimme zu hören, die uns hilft, unseren Weg zu finden. Als Christen leben wir dieses Fasten, um uns auf das Osterfest vorzubereiten. Dies erlaubt uns auch durch das Gebet eine tiefere Begegnung mit Gott zu erreichen.  

Diese spirituelle Dimension wird in unserer Gruppe durch eine Betrachtung aus der Bibel jeden Abend am Ende des Treffens unterstrichen. In diesem Jahr haben wir die Bedeutung der Ruhe durch die Spiritualität des Sabbats vertieft.

Jedes Treffen endet auch mit einer Gebetszeit, in der jeder für das beten kann, was ihm wichtig ist, was ihm am Herzen liegt.

Im Evangelium gibt es die drei Säulen des geistlichen Lebens, auf die Jesus hinweist: Fasten, Gebet und Almosengeben. (Matthäus 6).

  • Das Gebet drückt unsere Beziehung zu Gott aus. Es entspricht dem ersten und größten Gebot: « Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit all deiner Kraft und mit all deinen Gedanken. »
  • Das Almosengeben drückt unsere Beziehung zu unserem Nächsten aus. Es entspricht dem zweiten Gebot, das ihm ähnlich ist: « Du sollst deinen Nächsten lieben…« 
  • Das Fasten drückt unsere Beziehung zu uns selbst aus. Es entspricht dem zweiten Teil des zweiten Gebots: « Du sollst deinen Nächsten lieben … wie dich selbst. »

Indem ich das Fasten neu entdeckt habe, habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich auch mein Gebetsleben vertieft hat und dass sich auch meine Solidarität mit den Bedürftigen erweitert hat.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 

Von Herzen wünsche ich Ihnen allen, jedem Einzelnen noch eine gesegnete Zeit des Ramadans.

 

Dieser Text au französich

 


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